Montag, 28. Dezember 2009

Barack Obama: The Nobel Peace Prize Warrior

Am 10. Dezember 2009 wurde dem US-amerikanischen Präsidenten Barack Hussein Obama in Oslo der Friedensnobelpreis verliehen. Jedermann fragt sich, hat er ihn verdient? Die Antwort muss lauten: Nein! Schritt für Schritt kommt der wirkliche Obama zum Vorschein. Das „Faszinosum“ Obama mutierte innerhalb eines Jahres zum Friedensnobelpreiskrieger. Wie sich jetzt herausstellt, waren seine diverse Reden formvollendete PR-Shows. Obamas Wahlkampfauftritte sowie seine Ankara- und Kairo-Rede stehen in einem diametralen Gegensatz zu seinen jüngsten „Kriegsreden“ an der Militärakademie in West Point und Oslo. Dort sind die letzten Hüllen gefallen, die ihn fast zu einem Widergänger von Bush dem Jüngeren erscheinen lassen. Für seine Oslo-Rede bekam er tosenden Applaus von den „Bush-Kriegern“: Sie riefen: Welcome to the club!

Am 27. Oktober 2007 sagte Obama: "I will promise you this, that if we have not gotten our troops out by the time I am president, it is the first thing I will do. I will get our troops home. We will bring an end to this war. You can take that to the bank. " In seiner Rede in Oslo war von Truppenrückzug keine Rede mehr. Im Gegenteil: Dort bemühte Obama die „Lehre vom gerechten Krieg“, um die neokoloniale Expansion der USA als „gerecht“ erscheinen zu lassen. Nach dieser Antikriegslehre liegt die Beweislast bei demjenigen, der einen Krieg anzetteln will. Trifft auch nur eine Bedingung nicht zu, ist der Krieg unmoralisch. Gemäß der „Lehre vom gerechten Krieg“ ist nur die Verteidigung gegen einen Angriff statthaft. Schon bei diesem Punkt fällt Obamas Rechtfertigung für die Eskalation des Krieges in Afghanistan durch, wenn er in alter Bush-Manier behauptet, „to defend ourselves and all nations from further attacks". Die USA wurden aber von keinem Land angegriffen. Die Terroranschläge des 11. Septembers 2001 waren ein monströses Verbrechen von „religiös“ motivierten Kriminellen. Sie wurden von der Bush-Administration dazu missbraucht, die US-amerikanische Hegemonie auf den Mittleren Osten und Zentralasien auszudehnen, um eine geopolitische Neuordnung im Sinne der USA zu bewerkstelligen.

Obama wandelt schon nach seinem ersten Jahr als US-Präsident auf den verhängnisvollen Spuren seines Vorgängers. Dieser Weg dürfte seine Präsidentschaft direkt in den Abgrund führen. Das Chaos im Irak und Afghanistan scheint der Obama-Regierung noch nicht groß genug, da tragen die USA durch ihre Drohnen-Angriffe auf vermeintliche Terroristen zur weiteren Destabilisierung des pakistanischen Regimes von Präsident Asif Ali Zardari bei, dessen Legitimation gegen Null tendiert. Diese Angriffe werden in Pakistan von der Öffentlichkeit heftig kritisiert, weil dadurch nicht nur überwiegend Zivilisten ums Leben kommen, sondern weil sie scheinbar auch mit stillschweigender Zustimmung der Regierung erfolgen. Dieser Verdacht wird immer wieder in der pakistanischen Presse geäußert.

Unter weiteren Handlungsdruck wird die Obama-Administration durch Drohungen der israelischen Regierung gesetzt, die iranischen Atomanlagen anzugreifen. Obama sollte diesen politisch motivierten Druck ignorieren, da auf Jahre hinaus kein akuter Handlungsbedarf in Sachen atomare Bedrohung durch den Iran besteht. Die Berichte der US-amerikanischen Geheimdienste und der Internationalen Atomenergiebehörde in Wien sehen keinerlei Anzeichen, dass Iran im Geheimen an einer Atombombe bastelt. Die gegenteiligen „Erkenntnisse“ zweier weiterer Geheimdienste sind ideologischer Verblendung geschuldet. Wie es denn der iranischen Führung und der herrschenden Geistlichkeit wohl eher darum geht, von der internationalen Staatengemeinschaft respektvoll behandelt zu werden. Einigen Politikern im Westen scheint immer noch nicht klar zu sein, dass die Völker, die wir gemeinhin unter „Dritter Welt“ subsumieren, nicht mehr Untergebene oder Befehlsempfänger des „Weißen Mannes“ sein wollen.

Kein anderer als Frantz Fanon hat in seinem Buch „Black skin white masks“ dieses Phänomen in entwaffnender Klarheit beschrieben. Das Erste, das der „black man“ sagen muss, ist „No“. (Fanon bezeichnet alle „non-whites“ als „black“.) “No to degrading treatment. No to exploitation of man. No to the butchery of what is most human in man: freedom. No to those who attempt to define him.” Wenn „der Westen“ überhaupt noch einen Fuß in dieser Region auf die Erde bekommen will, dann muss er seine arrogant-koloniale und anmaßende Haltung gegenüber den Politikern und den Menschen dieser Länder ablegen. Sie brauchen keinerlei Belehrungen, wie sie ihre Staaten am besten regieren sollen. Dies trifft insbesondere auf Afghanistan zu, wo ein Viertel der Staatengemeinschaft den Afghanen eintrichtern will, wie westliche Demokratie funktioniert und was westliche Werte bedeuten. Mit dieser Methode befindet sich „der Westen“ schon seit fast neun Jahren auf dem Holzweg.

Was sollte Obama tun, um seinem Anspruch als Friedensnobelpreisträger gerecht zu werden und seine Präsidentschaft noch zu retten? Vier Maßnahmen sind dafür u. a. erforderlich:

Erstens sollte er George W. Bush, seinen Vizepräsidenten Dick Cheney und deren Kumpane anklagen, weil sie die Vereinigten Staaten aufgrund getürkter Fakten in Kriege geführt, die zu fast 6 000 toten US-Soldaten und zehntausenden Schwerstverletzen, Verstümmelten und Traumatisierten geführt haben; und dies alles für eine verblendete imperiale Ideologie. Von den Millionen Toten und Vertriebenen in Irak und Afghanistan sowie den Zerstörungen in den Ländern gar nicht zu reden.

Zweitens hätte Obama keine weiteren Truppen nach Afghanistan entsenden, sondern eine Exit-Strategie mit den anderen Besatzungstruppen vereinbaren sollen. Durch die Entsendung weiterer Truppen werden die Soldaten noch verwundbarer, da sie als zusätzliche Anschlagziele gelten. Ebenso unverantwortlich ist es, Soldaten für ein Regime sterben und kämpfen zu lassen, das gerade die Wahlen massiv gefälscht hat und das korrupt bis auf die Knochen ist. Kaum ein Afghane will für die Regierung von Hamid Karzai kämpfen, da sie über keinerlei Legitimation verfügt. Der Spruch, die Freiheit des Westens werde am Hindukusch verteidigt, zeugt nicht von politischer Weitsicht. Die Afghanen bedrohen nicht den Westen. Die Bedrohung für den Westen kommt durch die fast neunjährige Okkupation des Landes. Erinnern wir uns: Demokratie und Freiheit wurde auch schon einmal in Vietnam verteidigt. Die anderen hehren Ziele, für die sich der Westen dort einsetzt, sind vorgeschoben. Im Irak und am Hindukusch kämpft man um geopolitische Vorteile und Einflusssphären. Im Irak geht um die Kontrolle der Ölfelder und die weitere Einkreisung des Iran. In Afghanistan will das US-Imperium zusammen mit der Nato primär Chinas Einfluss, aber auch Russlands Interessen eindämmen. Ebenso soll dort der pakistanische Einfluss geschwächt und der Indiens gestärkt werden. Die Interessen der Menschen dieser Länder werden von den neokolonialen Mächten des Westens wie weiland im 19. und 20. Jahrhundert nicht geachtet.

Drittens betrachtet der Westen den Widerstand in Irak und Afghanistan als Terrorismus. Mark Juergensmeyer zitiert in seinem Buch „Die Globalisierung religiöser Gewalt“ einen Mullah im Irak. Seine Wahrnehmung des westlichen Eindringens in den Irak sollte den Politikern zu denken geben: „Der Islam wird angegriffen“, so ein weit verbreitetes Gefühl innerhalb der islamischen Welt. Obgleich selbst Bush behauptet hat, keinen Krieg gegen „den Islam“ zu führen, sehen es die Menschen im Irak, Afghanistan und der muslimischen Welt anders. Viele wehren sich überhaupt gegen den Aufbau eines säkularen Regimes in ihren Ländern. Auf welches Recht berufen sich westliche Politiker, wenn sie meinen, das Westminstermodell müsse unbedingt am Hindukusch oder im Irak eingeführt werden? Auch die Nicht-Regierungsorganisationen sollten ihre Nation-building-Strategie überdenken. Auch sie sind nicht frei von westlich-arroganter Hybris.

Viertens sollte Obama massiv auf die Beendigung der 42-jährigen Besetzung palästinensischen Landes durch Israel drängen. Seit dem Junikrieg von 1967 haben die diversen israelischen Regierungen die Menschenrechte der Palästinenser verletzt und gegen das Völkerrecht verstoßen. Unter dem Vorwand der „Sicherheit“ und der „Terrorbekämpfung“ haben die israelischen Regierungen großes Unheil über die Palästinenser gebracht. Insbesondere unter der Regierung von Ariel Sharon wurde die Autonomiebehörde zerschlagen und die Infrastruktur dieser Scheinregierung völlig zerstört. Symbolisch für diese Zerstörungswut stand der völlig demolierte „Regierungssitz“ von „Präsident“ Yassir Arafat, die Mukata. Der PLO-Chef hauste von der Weltpresse beobachtet in den Ruinen wie ein Clochard, bis man ihn todkrank nach Paris ausflog. Die letzte Attacke gegen das palästinensische Volk im Gaza-Streifen ereignete sich vom 27. Dezember 2008 bis 18. Januar 2009. Bei diesem Angriff gegen ein eingeschlossenes und wehrloses Volk kamen über 1 400 Menschen ums Leben, mehrheitlich Frauen und Kinder. Israel verlor bei diesem Angriff 14 Soldaten, drei davon durch so genanntes „friendly fire“, das heißt, sie wurden von den eigenen Soldaten erschossen. Menschrechtsorganisationen wie Amnesty International, Human Rights Watch und der im Auftrag der Vereinten Nationen erstellte Goldstone-Bericht legen eindeutig Zeugnis von massiven Verstößen gegen Menschen- und Völkerrecht ab, die Richard Goldstone als „Kriegsverbrechen“ und „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ bezeichnet hat. Für Israel stellen Arafat, Mahmoud Abbas oder die Hamas „Hindernisse zum Frieden“ dar. Das wirkliche Hindernis auf dem Weg zu einem Frieden ist aber die 42-jährige israelische Besatzungsherrschaft über ein anderes Volk und die Intransingenz der jeweiligen Regierung. Sie gilt es zu beenden, damit würde sich der palästinensische Widerstand in Luft auflösen. Solange der Nahostkonflikt nicht gelöst ist, bleiben die USA im Nahen Osten unglaubwürdig, weil sie als Partei Israels wahrgenommen werden.

Obama hat zwar vollmundig erklärt, Israel müsse einen totalen Siedlungsstopp für die besetzten Gebiete verkünden, aber Ministerpräsident Benyamin Netanyahu hat Obama politisch ausgebremst, indem er ihm einen zehnmonatigen „Baustopp“ aufs Auge gedrückt hat. Gleichzeitig hat sein Außenminister Avigdor Lieberman verkündet, dass weiter gebaut werde, wie die israelische Tageszeitung Haaretz berichtete. Ebenfalls meldete diese Zeitung am 17. Dezember 2009, dass Obama erklärt habe, die USA könnten Israel nicht „unbegrenzt“ von einem Angriff auf den Iran abhalten. Hatte nicht schon Obamas Vize-Präsident Joseph Biden vor Monaten erklärt, Israel sei ein souveräner Staat, dem man nicht vorschreiben könne, was für seine Sicherheit notwendig sei?

Die US-amerikanische Außenpolitik unter Obama hat die Hoffnungen vieler enttäuscht. Obama ist nicht der „Heilsbringer“, den sich manche gewünscht haben, sondern der US-Präsident, der meint, im nationalen amerikanischen Interesse zu handeln. Dass er sich dabei nur in Nuancen von seinem ungeliebten Vorgänger unterscheidet, ist nur für die Utopisten enttäuschend. Damit muss die Staatengemeinschaft sich abfinden und die Zukunft seiner Präsidentschaft in die Hände des US-amerikanischen Souveräns legen.