Samstag, 30. Januar 2010

Tackling America´s Toughest Questions

Der Krieg gegen Afghanistan sei “illegal”. Humanitäre Interventionen dienten dem Westen als Vorwand für Aggressionen gegen die Völker des Südens. Die Öffentlichkeit müsse den neokonservativen „Kriegstreibern“ widerstehen, die die USA in ein weiteres militärisches Abenteuer gegen Iran treiben wollen. Diese und zahlreiche weitere kritische Forderungen erhebt der an der Universität von Illinios in Champaign lehrende Völkerrechter Francis A. Boyle in seinem neusten Buch.

Die Publikation enthält zahlreiche Interviews, die Boyle seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in alternativen Medien gegeben hat. Daneben gibt es weitere Beiträge, die sich mit der Politik von George W. Bush auseinandersetzen und dessen Politik als einen Anschlag auf die US-Verfassung, das Völkerrecht und die Weltordnung beschreiben. Die Beiträge und die Interviews machen deutlich, dass der Krieg gegen Afghanistan „illegal“ ist, von dem Überfall auf den Irak gar nicht zu sprechen, und dass dem hehren Ziel einer „humanitären Intervention“ in Wahrheit Aggressionen des Westens gegen die Völker des Südens zugrunde liegen, um sich deren Rohstoffe wie Erdöl und Erdgas anzueignen. Ein „Markenzeichen“ der Clinton-Administration war „its manipulation of the doctrine of ´humanitarian intervention` and end of ´humanitarianism` in order to justify its illegal, aggressive, and imperialist interventions around the world”.

Der Autor spricht dem Westen ab, in Afghanistan Freiheit, Demokratie oder Menschenrechte durchsetzen zu wollen. Der wahre Grund liege in den Erdöl- und Ergasvorräten Zentralasiens sowie der Kontrolle der Piplines, die durch Afghanistan verlaufen. Hinzu kommen weitere geopolitische Überlegungen wie die Zurückdrängung des Einflusses Russlands und Chinas sowie des Irans. Die Destabilisierung Pakistans liege ebenfalls im westlichen geopolitischen Interesse, um es aus Afghanistan zurückzudrängen. „The destabilization and fragmentation of this nuclear-armed Muslim state was already part of the Bush jr. necoconservative agenda.”

Boyle gehörte zusammen mit Ramsey Clarke, einem früheren Justizminister unter US-Präsident John F. Kennedy, zu denjenigen, die Mitglieder des US-Kongresses davon überzeugen wollten, gegen Bush ein Amtsenthebungsverfahren einzuleiten, was aber an den Demokraten gescheitert ist, weil sie fürchteten, ihrem Präsidentschaftskandidat John Kerry könnten dadurch Nachteile entstehen. Aus Boyles Äußerungen wird jedoch deutlich, dass die Demokraten im US-Kongress auch deshalb kein Interesse zeigten, weil sie Bushs „war on terror“ mit ganzem Herzen unterstützt haben.

Illusionslos hat er Barack H. Obama aufgrund seiner Aussagen und der Auswahl seiner Berater analysiert. Die irrationale Euphorie der Europäer konnte er nie nachvollziehen. Obamas Präsidentschaft entspreche eher einem dritten Term von Bill Clinton als etwas völlig Neuem. „You are not going to get change with Joe Biden.“ Die Ernüchterung über Obama scheint endlich auch in Europa angekommen zu sein. Für Europa dürfte die Einschätzung Boyles über sein Land etwas gewöhnungsbedürftig klingen: „The United States and its Nato Alliance consitutes the greatest collection of genocidal states ever assembled in the entire history of the world. (...) Humanity bears a ´responsibility to protect` the very future existence of the world from the United States and Nato.” Die politischen Eliten in Europa dürften wenig Interesse an dieser Sichtweise der Welt haben. Der Autor hält den Finger in die Wunde eines taumelnden Empires. Europa sollte sich dafür interessieren. Die Zukunft bleibt allemal spannend so wie der Inhalt dieses Buches.