Mittwoch, 9. November 2011

IAEA Report on Iran: a further step towards war

Die Öffentlichkeit hat erwartungsvoll der Veröffentlichung des Berichts der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) über die angeblichen Pläne Irans zum Bau von Nuklearwaffen entgegengefiebert. Um es kurz zu machen: Der Bericht ist ein peinliches politisch motiviertes Pamphlet, das der Glaubwürdigkeit der IAEA großen Schaden zufügt. Die Organisation unter ihrem Generaldirektor Yukiya Amano ist zu einem Instrument US-amerikanischer Politik herabgesunken.

Wie amerikahörig Amano ist, zeigt sein Besuch im Weißen Hause einige Tage vor Veröffentlichung des Berichtes, wie die "New York Times" vom 8. November 2011 berichtet. Wie heikel dieser Besuch von Seiten der Obama-Administration gesehen wird, zeigt die Tatsache, dass es keine Bestätigung des Besuches gab. Sollte Amano die US-Regierung vorab über den Inhalt berichten und warum? Wurden dort Ideen ausgetauscht, wie der Bericht auszusehen hat? Wie kommt es, dass nur die USA vorab in Kenntnis gesetzt werden?

Der Bericht enthält nichts Greifbares oder Konkretes, deshalb bedient er sich Worte wie „dürfte“, „könnte“, „möge“ und anderer unkonkreter Floskeln. Er strotzt von Halbwahrheiten, Unterstellungen, Spekulationen, und er beruft sich auf geheime, dubiose Quellen, so genannte „Intelligence“ aus einigen Mitgliedstaaten. Wer sind diese? Welche Geheimdienste haben ihr Bunkerwissen geoffenbart? Sind es die gleichen, die an der Lüge über die nigerianischen Uranlieferungen an Saddam Hussein beteiligt waren? Seit wann ist in einem demokratischen Staat „Geheimwissen“ justiziabel? Ein solches ist nur vor „kangaroo courts“ zugelassen. Die einzige „illegale“ Aktion, die Iran begangen hat, sind Computersimulationen. Dies sei gleichbedeutend mit Nukleartests. Bravo, endlich hat der Westen den Beweis und kann ihn als casus belli missbrauchen! Und mit einer Neuigkeit wartet dieser Bericht auch noch auf: Angeblich habe der Iran noch bis 2010 an Nuklearwaffen gearbeitet, und das pakistanische A. Q. Khan-Netzwerk habe Hilfestellung beim Aufbau des Atomprogramms geleistet. Diese Unterstellung könnten die USA bei einem Überfall auf Iran benutzen, um mit Pakistan abzurechnen, das immer wieder gegen Obamas Drohnenkrieg protestiert.

Zu Recht weist Justin Raimondo von „antiwar.com“ auf den Schlüssel zum Verständnis dieses fragwürdigen Berichtes hin, der sich im ersten Paragraph der Zusammenfassung findet: “While the Agency continues to verify the non-diversion of declared nuclear material at the nuclear facilities and LOFs declared by Iran under its Safeguards Agreement, as Iran is not providing the necessary cooperation, including by not implementing its Additional Protocol, the Agency is unable to provide credible assurance about the absence of undeclared nuclear material and activities in Iran, and therefore to conclude that all nuclear material in Iran is in peaceful activities.” Übersetzt in Umgangssprache heißt dies, dass Iran kein geeignetes spaltbares Material besitzt. Weil das Land nicht bereit ist, auf seine Souveränität zu verzichten und der Westen nicht seine Atomanlagen besetzen kann, sind die Aussagen des Iran nicht glaubhaft. Iran ist schuldig und muss seine Unschuld beweisen. In iranischen Fall wird die übliche Beweislast umgekehrt.

Der Westen nimmt in der Tat diesen fragwürdigen Bericht zum Anlass, massiv gegen Iran vorzugehen, obgleich seit dem letzten seriösen Bericht der 17 US-Geheimdienste aus dem Jahr 2007 kein neues Detail hinzugekommen ist. Laut diesem Bericht gilt immer noch die damalige Feststellung, dass Iran sein Atomprogramm seit 2003 nicht mehr weiter verfolge.

Nach dem Überfall auf Libyen scheint Paris Blut geleckt zu haben. Außenminister Alain Juppé forderte „Sanktionen von nie gekanntem Ausmaß“ gegen Iran. Dass Israel von seinem aggressiven Konfrontationskurs nicht abgeht, versteht sich von selbst. Das Land wird den Druck mit Hilfe der „Israellobby“ und des US-Kongresses auf den angeschlagenen Obama weiter erhöhen, bis er seine Einwilligung für einen Überfall auf das Land erteilen wird. Den Anfang hat die israelische Oppositionsführerin Zipi Livni bereits gemacht, die alarmistisch erklärte. „Jetzt, wo die Wahrheit vor den Augen der Welt aufgedeckt wurde, muss Israel die freie Welt mobilisieren, um den Iran zu stoppen." Von Wahrheit finden sich in dem IAEA-Bericht allerdings nur Spurenelemente. Ein unsäglicher Mix aus "Iranian Terror Plot" und IAEA-Bericht könnte dazu beitragen, dass im Westen die Kriegsbefürworter die Oberhand gewinnen.

Der westlichen Politik liegt eine Ressentiment-geladene Grundhaltung gegenüber der islamischen Welt, insbesondere dem Iran gegenüber zugrunde: Rassismus. Gleichgültig, was der Präsident und die politische und geistliche Klasse dieses Landes auch sagen, man glaubt ihnen nicht. Alle haben versichert, dass das Land nicht nach Atomwaffen strebe und nur zivile Ziele mit seinem Nuklearprogramm verfolge, ein Besitz von Atomwaffen wurde sogar als „unislamisch“ verworfen. Diese Beteuerungen hält der Westen für Lüge. Ebenso betitelt er die iranische Führung als „irrational“, „fanatisch“ und „gefährlich“, obgleich das Kriegsgeschrei und die aggressiven Drohungen allesamt aus dem „rationalen“ und „aufgeklärten“ Westen stammen.

Solange der Westen Israel nicht zwingt, seine Atomanlagen für IAEA-Inspektoren zu öffnen, bleibt er unglaubwürdig. Anstatt sich über die israelische Verweigerungshaltung zu echauffieren, ergeht man sich in wilden Drohungen gegenüber einem Land, das gar keine Atomwaffen besitzt und besitzen will. Dieser doppelte Standard des Westens ist ebenfalls rassistisch motiviert. Darüber hinaus habe er dazu beigetragen, dass die Nichtverbreitung von Atomwaffen "lost its legitimacy in the eyes of Arab public opinion because of the perceived double standard" im Falle Israels, so der ehemalige Generaldirektor der IAEA, der Ägypter Mohamed El Baradei. Diesem wird jetzt von Seiten Israels vorgeworfen, er habe über Jahre das iranische Atomprogramm gedeckt, obgleich er es besser gewusst habe.

Wenn sich der UN-Sicherheitsrat mit diesem IAEA-Bericht befasst, sollten Russland und China den kriegswilligen Staaten des Westens ihr klares Nein, verbunden mit einer klaren Androhung von Gegenmaßnahmen, entgegensetzen. Das Gebot der Stunde lautet: Die Aggressionen, irrationalen Emotionen und Drohungen einiger verrückter Militaristen zurückzufahren, um zu verhindern, dass durch einen Überfall eine ganze Region in Flammen aufgeht, die niemand mehr eindämmen kann. Nur Verhandlungen zwischen Iran und den USA auf gleicher Augenhöhe können einen bevorstehenden Krieg noch verhindern. Dafür muss US-Präsident Obama wieder zum Ausgangspunkt seiner Präsidentschaft zurückkehren, als er für einen Neuanfang in den Beziehungen zur islamischen Welt aufrief – Präsidentschaftswahlen hin oder her. Und um noch einmal El Baradei zu zitieren: „Israel would be utterly crazy to attack Iran.“