Sonntag, 31. Mai 2015

Die Eroberung Europas durch die USA

Wer sich immer noch der Illusion hingibt, die USA seien eine Ordnungs- und Friedensmacht, sollte nach der Lektüre dieses Buches schleunigst umdenken. "Die USA sind kein Vorbild für Frieden und Freiheit. Seit mehr als einem halben Jahrhundert gehen von dort zerstörerische Ideologien und grauenhafte Kriege aus, die ihrem Gründungsanspruch, wie in der Unabhängigkeitserklärung von 1776 und in der Verfassung von 1787 niedergelegt, Hohn sprechen." Wer die Welt in einen Dritten Weltkrieg zu treiben versucht, sind die USA und nicht Russlands Präsident Vladimir Putin, wie uns die Konzernmedien weißmachen wollen. Sie betreiben die Dämonisierung Putins scheinbar auftragsgemäß. Der Zusammenbruch der Sowjetunion war tatsächlich die "größte Katastrophe", weil sie zur Freisetzung der destruktivsten und expansivsten Kräfte in den USA geführt hat. 

Wolfgang Bittner hält die Vorgänge in der Ukraine nicht für einen singulären Vorgang. Dieser initiierte Konflikt ist der jüngste in einer langen Kette von Kriegen und humanitären Katastrophen, die nach dem Ende der Sowjetunion alle von den USA initiiert worden sind. Wie der Autor auch zeigt, ist der Drang der NATO nach Osten nicht nur geostrategischer Art, sondern hat auch viel mit neuen Absatzmärkten, Ressourcenkontrolle und der Einkreisung Russlands zu tun. "Europa hat sich diesem durch nichts gerechtfertigten Machtanspruch einhellig ergeben. Die USA können überall in der Welt in kürzester Zeit Krisen inszenieren, wie es gerade passt. Ob hier langfristige Pläne umgesetzt werden oder kurzfristiges Chaos den Interessengruppen dient – nach jedem dieser Schachzüge steht die Welt näher am Abgrund." 

Die von den USA angezettelten "orangenen Revolutionen", die auf den Umsturz von Regierungen abzielen, scheiterten ebenso in der Ukraine wie andernorts. Als der Anschluss der Ukraine an den westlichen Block auf diplomatischem Wege nicht gelang, entschlossen sich die USA mit ihren faschistischen und rechtsextremen ukrainischen Statthaltern für einen Putsch gegen eine demokratisch gewählte Regierung. Die so genannte demokratische Maidan-Bewegung war dominiert von rechten Nationalisten, Faschisten und Geheimdienst-Mitgliedern des CIA. Nach dem abgehörten Telefonat zwischen Victoria Nuland, EU-Beauftragte im US-Außenministerium, und dem US-Botschafters in Kiew, Geoffrey Pyatt, war es offensichtlich, dass Washington bereits das Szenario für die Zeit nach dem lange vorbereiteten Staatsstreich geplant hatte und seinen Günstling, den Oligarchen Arsenij Jazenjuk, favorisierte, der dann auch Ministerpräsident wurde. Die USA haben mehr als fünf Milliarden US-Dollar in diesen Staatsstreich investiert, wie Nuland bereits im Dezember verlautbaren ließ. 

Der Autor zerpflückt auch die Medienberichterstattung. Anstatt objektiv zu berichten, erdreisten sich die Konzernmedien, selbst bei fragwürdigen Ereignissen eindeutige Schuldzuweisungen an die Adresse Russlands zu verteilen. Informationen, die den Meinungsmachern nicht in ihr Konzept passten, fielen einfach unter den Tisch. Unmittelbar nach dem Absturz des malayischen Jets MH 17 stand der "Schuldige" bereits fest: Russland oder Putin persönlich tragen die Verantwortung. Bis heute ist nicht geklärt, ob nicht das ukrainische Militär die Maschine abgeschossen hat, um die USA direkt in den Konflikt mit hineinzuziehen. Bittner betreibt in Bezug auf die Medien und die politische Entwicklung aber zu schnell einseitige Schuldzuweisung, wo größere Distanz notwendig gewesen wäre, was seinem Anliegen nicht geschadet hätte.

Die chronologische Vorgehensweise des Autors zeigt, wie sich die Tatsachen zu einem gut geplanten Polit-Puzzle zusammenfügen. Die Ukraine sollte zum Aufmarsch-Gebiet der NATO gegen Russland werden. Die Aggressoren sind demnach die Mitglieder der "westlichen Allianz". Dass sich Deutschland in diese kriegsvorbereitende Strategie nahtlos einreiht, ist überwiegend der Bundeskanzlerin geschuldet, die einem romantischen USA-Bild anhängt. Ex-Kanzler Gerhard Schröder hätte sich bestimmt nicht so nahtlos in die aggressive US-Strategie gefügt, wie seine Ablehnung des US-Überfalls auf den Irak gezeigt hat. 

Seit 9/11 können die USA kein Vorbild für andere mehr sein, weil "eine Schranke der Rechtsstaatlichkeit gefallen" sei. "Die US-amerikanische Gesellschaft ist zerrüttet, ihre Regierung schon lange nicht mehr in der Lage, Wohlstand für die Mehrheit zu schaffen und Gerechtigkeit für alle möglich zu machen." Abschließend stellt der Autor fest: "Man wünschte den USA Politiker, die den Mut hätten, das eigene Land als Interventionsfall zu erkennen, statt überall in der Welt Chaos und Unglück zu verbreiten. Und für die Staaten Europas wäre es an der Zeit, auf dem verhängnisvollen Weg in Krieg und Zerstörung einzuhalten, die Interessen der Bevölkerung in den Blick zu nehmen und ihre souveränen Rechte durch vernünftige Politik zu wahren." 

Das Buch ist spannend und sehr aufschlussreich. Es sollte insbesondere von der politischen Klasse zur Kenntnis genommen werden, damit ihr noch einmal bewusst die Machenschaften des Westens vor Augen geführt werden.